Wege in die Wissenschaft – Analyse und Überwindung des geschlechtsspezifisch geteilten Arbeitsmarktes Hochschule

 

Das Projektziel

Die Idee zu dem Forschungsprojekt „Wege in die Wissenschaft“ entstand im Jahre 1997. Im Kontext der neueren organisationssoziologischen Geschlechterforschung kristallisierte sich die Frage nach den beruflichen Inklusions- und Exklusionsmechanismen der universitären Karriere heraus. Ausgangspunkt des Projektes war die Feststellung, dass Akademikerinnen, ungeachtet ihres entsprechenden Bildungsniveaus, in universitären Spitzenpositionen unterrepräsentiert sind. Der so genannte Frauenschwund an den Universitäten zeigt sich bis heute bundesweit nach dem Studienabschluss und dann noch einmal nach der Promotion. Dieses Phänomen sollte auf lokaler Ebene an der Bergischen Universität Wuppertal analysiert werden. Die leitende Fragestellung lautete: „Was macht den akademischen Karriereweg vorrangig zu einer Laufbahn für Männer?“

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Die Projektphasen

Der Untersuchungsschwerpunkt des Projektes „Wege in die Wissenschaft“ lag zunächst auf der Promotionsphase und beleuchtete sowohl die Perspektive der Hochschullehrenden als auch die der Promovierenden. Mit der Untersuchung der Habilitationsphase endete das Forschungsprojekt.

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Die Forschungsergebnisse

Als zentrales Ergebnis lässt sich konstatieren, dass die Promotion und die anschließende Habilitation nahezu durchgängig als eine lange Phase der Abhängigkeit bei gleichzeitig hohem beruflichem Risiko mit ungewissen beruflichen Perspektiven beschrieben werden. Die Betreuung der Promovierenden ist gering formalisiert und äußerst ungleich in Bezug auf Geschlecht und Fächerzugehörigkeit. Das gilt ebenso für die Unterstützung, die die Habilitierenden durch ihre Vorgesetzten erfahren. Betreuung und berufliche Unterstützung hängen davon ab, wie viel Bedeutung die/der Hochschullehrende dem wissenschaftlichen Nachwuchs beimisst. Strategien der Karriereplanung erscheinen in diesen Zusammenhängen als nebensächlich. Dies gilt für Frauen und Männer gleichermaßen.

Eine offene Abwertung gegenüber den Nachwuchswissenschaftlerinnen findet selten statt. Allerdings werden Akademikerinnen auf dem Weg in die Wissenschaft fortwährend mit dem Vorurteil konfrontiert, dass ihnen wissenschaftliche Persönlichkeitsmerkmale vollständig fehlen. Frauen mangele es demnach zwar nicht an Intelligenz, wohl aber an Durchsetzungsfähigkeit, Zielstrebigkeit, Karriereorientierung, Wettbewerbsfähigkeit, Durchhaltevermögen und Opferbereitschaft zugunsten der Wissenschaft. Dieses Vorurteil wird von einem Großteil der befragten Männer, unabhängig von der Statusgruppe, geteilt. Ob Männer diese Defizite haben, steht hingegen nicht zur Diskussion.

Der Weg in die wissenschaftliche Karriere basiert auf dem Mythos des familiär ungebundenen Wissenschaftlers. Familiengründung, Kindererziehung und wissenschaftliche Karriere gelten darin als unvereinbar. Diesem Mythos können die meisten befragten Männer auch dann Folge leisten, wenn sie Familienväter sind, weil ihre Partnerinnen die Familienarbeit leisten. Es erscheint allerdings nur auf den ersten Blick so, dass die männliche Karriere von einem konservativen Familienmodell gestützt wird. De facto leisten die Frauen nicht nur die Familienarbeit, sondern sie füllen darüber hinaus mit ihrer eigenen Berufstätigkeit die finanziellen Lücken der akademischen Laufbahn ihres Partners aus.

Für die befragten Akademikerinnen mit Kind(ern) existiert dagegen kein äquivalentes privates oder institutionalisiertes Unterstützungssystem. Und mehr noch: Das Kind besiegelt die weiblichen Defizite in der wissenschaftlichen Persönlichkeit (also Karriereorientierung, Zielstrebigkeit usw.) offiziell. Aufgrund dessen sehen sich Akademikerinnen mit Kind(ern) noch stärker als kinderlose Akademikerinnen dazu aufgefordert, ihre wissenschaftliche Exzellenz und akademische Befähigung unter Beweis zu stellen.

Die Unvereinbarkeit von Wissenschaft und Kind(ern) wird auch noch an einem weiteren Punkt deutlich: die wenigen Männer, die vom traditionellen Vatertypus abweichen und sich zu einer aktiven Vaterschaft bekennen, werden hinsichtlich ihres akademischen Persönlichkeitsprofils genauso diskreditiert wie Frauen.

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